Gott und die Erdbeere
Heute wird's schwierig. So schwierig, dass gar die meisten Theologen am Ende die Segel streichen. Denn es geht um ein Mysterium.
Ich soll heute erklären, dass wir einen Gott haben, der drei ist, und dass diese drei nicht drei sind, sondern eins. Trinitatis heißt dieser Sonntag zu deutsch, das Fest der Dreifaltigkeit. Es geht um den dreieinigen Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Drei = Eins und Eins = Drei.
Wie soll man die Trinität, die Dreieinigkeit Gottes erklären? Stellen Sie sich vor, ein Muslim – Arbeitskollege, Nachbar, oder einfach jemand auf der Straße – spricht Sie an: „Sie sind doch Christ, oder? Sie haben doch drei Götter! Das verstehe ich nicht. Erklären Sie's mir?“ Was können wir da sagen?
Ein Problem ist dabei, dass sich davon überhaupt nichts in der Bibel findet. Es geht um etwas, worüber die alten Theologen in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt nachgedacht haben, sehr konsequent nachgedacht haben, muss ich ergänzen.
Es beginnt mit der Frage: Wer ist Jesus Christus? Gottes Sohn, steht in der Bibel, aber auch Menschensohn. War er ein Mensch, der mit einer göttlichen Kraft begabt war oder wurde, der von Gott als Sohn quasi adoptiert wurde? Oder war er von Beginn an Gott, der Menschengestalt angenommen hat? Inwiefern war er göttlich, inwiefern menschlich? War er menschlich und göttlich halb und halb, vermischt, unvermischt.
Es hat Jahrhunderte gedauert, bis man sich darauf geeinigt hat, dass sich in Jesus Christus 2 Naturen vereinigt haben: die göttliche und die menschliche. Jesus Christus war ganz Mensch und ist zugleich ganz Gott. „Zwei mal eins macht eins.“
Und dann taucht noch das Problem mit dem Geist auf. Ist der auch Gott? Und wenn ja, in welchem Verhältnis steht er zum Vater und zum Sohn? Zähe Auseinandersetzung waren das, die erspare ich Ihnen, und teile Ihnen das Ergebnis mit: Der Geist ist Gott und geht vom Vater und dem Sohn aus.
Man sollte es nicht glauben, aber an diesem Satz schieden sich die Geister. Im wahrsten Sinne des Wortes. Hier liegt der Grund für die große Kirchenspaltung in eine Westkirche (Rom) und eine Ostkirche (Byzanz, die orthodoxen Kirchen).
Sind wir nun schlauer? Wie sollen wir die Dreieinigkeit Gottes dem muslimischen Mitmenschen erklären?
Wir könnten natürlich sagen: Nein es gibt nur einen Gott, und dieser Eine erscheint uns als Vater, Sohn und Heiliger Geist. Punkt.
Ob der dann zufrieden ist mit der Antwort? Ich würde ihm nicht böse sein, wenn er es nicht wäre. Denn es ist und bleibt ein Geheimnis um diesen Gott, der drei ist und eins, der eins ist und drei: drei-einig. Wie wurde in der Alten Kirche darum gerungen! In welch spitzfindigen Diskussionen hat man sich da aufgerieben! Aber begreifbarer ist das Geheimnis der Trinität für den fragenden Gläubigen oft nicht geworden.
Natürlich wussten auch die alten Theologen, wie schwierig das Geheimnis der Trinität zu ergründen und zu erklären ist. Darum haben sie nach Symbolen gesucht, die das Gemeinte anschaulich machen. Ein Symbol habe ich mitgebracht: eine Erdbeere, frisch ausgegraben im Pfarrgarten.
Wirklich ein Symbol für die Trinität seit alters her auf dreifache Weise:
Zum einen: Es ist eine Pflanze und besteht doch aus drei Teilen: Wurzeln, Stängel und Früchte. Die Wurzeln bringen alles hervor, wie Gott, der Vater, der Schöpfer des Himmels und der Erde. Die Stängel treiben aus, wollen sichtbar werden auf der Erde, wie Gottes Sohn unter uns wirksam wird. Die Früchte sind das, was Wurzel und Stängel gemeinsam hervorbringen, Früchte des Geistes, die auch uns gegeben sind.
Zum zweiten: sind es die Blätter, dreigeteilt, die symbolisch auf das Geheimnis der Trinität hinweisen.
Zum dritten: Ich weiß nicht, ob Ihnen das jemals aufgefallen ist: es gibt an der Erdbeerpflanze in der Regel zu gleicher Zeit: Blüte, unreife Frucht und reife Frucht. Gott lässt sich nicht auseinanderdividieren in nur Vater, nur Sohn, nur Geist. Es wirken durch den Vater immer zugleich Sohn und Geist, durch den Sohn Sohn immer zugleich Vater und Geist, und durch den Geist immer zugleich Vater und Sohn.
Kompliziert. Eigentlich mit dem Verstand nicht zu fassen. Lassen wir ihn doch einfach an uns wirken, diesen dreieinigen Gott, durch uns durch alle sein Wirkweisen nur eines deutlich macht: ich bin bei euch. Amen.
Pfr. Martin Anefeld